Missionsbericht M3-002

Startdatum: 13.08.2012 12:15 MEZ
Startort: Sutz, am Bielersee

Über neun Monate waren seit unserem ersten Ballonstart vergangen. Diese Zeit war auch nötig, um eine komplett neue Ballon-Box zu entwickeln. War die erste Box lediglich mit einer GoPro-Kamera und einem GPS-Tracker ausgestattet, so wurde für die zweite Mission massiv aufgerüstet. Wir wollten bei unserem zweiten Versuch nicht nur Videos aufnehmen, sondern auch Messdaten aus der Atmosphäre sammeln. Um den Ballon in Echtzeit verfolgen zu können, wollten wir auch unbedingt Live-Daten via Funk übertragen.

Darum wurde die neue Box mit folgenden Geräten ausgestattet:

  • GoPro-Kamera zur Aufzeichnung von HD-Video
  • FEZ Panda II Embedded Computer als zentrale Steuereinheit und Datenlogger
  • XBee Pro 868 MHz Funkmodul zur Übertragung von Live-Daten
  • GPS-Modul für Echtzeitdaten
  • Kameramodul zur Aufnahme von Live-Bildern
  • Temperatursensoren innen und aussen
  • Drucksensor
  • GPS-Tracker mit GSM als Failsafe

Die Hardware der zweiten Ballon-Box

Auf einen Peilsender verzichteten wir dieses Mal, da unser die Live-Funkverbindung und der GPS-Tracker als ausreichend erschienen. Neben der Hardware hatten wir auch viel Zeit in die Entwicklung unserer Software investiert. Für die neue Mission hatten wir eine mobile Bodenstation in C# entwickelt, mit der wir unterwegs Live-Daten vom Ballon empfangen konnten. Die Bodenstation würde Sensor- und GPS-Daten empfangen und damit eine Echtzeit-Verfolgung ermöglichen. Als besonderer Clou konnte alle 5 Minuten ein Live-Bild in bescheidener Qualität empfangen werden.

Aus terminlichen Gründen wollten wir den Start unbedingt noch im August 2012 durchführen. Am 13.8.2012 war es endlich soweit. Das Wetter und der Wind schienen günstig. Wir entschieden uns für einen Start in Sutz in der Nähe des Bielersees, da wir dort gute Bedingungen für die Vorbereitung des Starts hatten. Zudem sollte der Ballon in Richtung Osten fliegen und im Emmental herunterkommen, wenn alles glatt gehen würde.

Denselben Fehler wie beim ersten Mal wollten wir nicht machen. Wir massen den Auftrieb mit einem Referenzgewicht von 1.3 kg, wodurch unsere Box dann eine Geschwindigkeit von 5 m/s erreichen sollte.

Vorbereitung zum Start

Um 12.15 Uhr liessen wir den Ballon schliesslich steigen. Während etwa 20 Minuten verfolgten wir den Flug noch am Startort mit Hilfe der mobilen Bodenstation, welche zuvor im Auto eingerichtet worden war. Mit Genugtuung stellten wir fest, dass der Ballon mit mehr als 4 m/s aufstieg und zuverlässig alle 5 Sekunden Live-Daten übermittelte. Auch ein Live-Bild wurde von Zeit zu Zeit empfangen.

Als die 20 Minuten vorbei waren, machten wir uns mit dem Auto auf den Weg und versuchten, in der Nähe des Ballons zu bleiben. Wir wussten ja nicht, ob die Funkstrecke wirklich 40 km überbrücken konnte. Die Navigation war gar nicht so einfach, da der Ballon verständlicherweise nicht dem Strassenverlauf folgen wollte. Wir verfolgten den Ballon also während zwei Stunden und machten von Zeit zu Zeit einen Zwischenstopp.

Als wir feststellten, dass der Ballon nicht wie geplant auf einer Höhe von 26500 m platzen wollte, wurden wir etwas nervös, aber auch euphorisch. Zu unserem Erstaunen platzte der Ballon erst auf einer Höhe von 33166 m, was wir dank der nach wie vor bestens funktionierenden Funkverbindung live miterleben konnten.

Wir folgten dem Ballon also weiter bis ins Emmental, wo er sich langsam seinem Landeort näherte. Auf einer Höhe von ca. 800 m verloren wir dann das Signal, da wir keine Sichtverbindung mehr hatten. Gottseidank konnten wir via SMS den GPS-Tracker abfragen, welcher uns schliesslich die Landekoordinaten übermittelte.

Flug vom 13.8.2012

Nun ging es über abenteuerliche Feldwege und Wiesen, die dem Auto alles abverlangten, in Richtung Landeort. Praktischerweise wurde er in der Nähe eines befahrbaren Wegs angezeigt. Ein Vergleich mit der Topo-Karte brachte allerdings beunruhigende Neuigkeiten: Der Ballon muss in einem Waldstück gelandet sein.

Als wir dann in die Nähe des Landeortes kamen, funktionierte sogar die Funkverbindung wieder.

Am Landeort angekommen bot sich uns ein grausiges Bild: Der Fallschirm hatte sich in einer Baumkrone in fast 30 m Höhe verfangen, was eine Bergung quasi unmöglich machte! Wir hatten keine Kletterausrüstung dabei, und auch keine Säge, um den Baum zu fällen. War das wirklich nötig? Hätte der Ballon nicht noch fünf Meter weiter fliegen können, um dann schön auf einer Wiese zu landen?

D’OH!

Nach anfänglicher Ratlosigkeit und diversen wahnwitzigen Ideen zum Herunterholen der Box, die von Kartoffelkanonen bis hin zu dressierten Eichhörnchen reichten, entschieden wir uns, den Landwirten in der Nähe einen Besuch abzustatten. Man riet uns, einen sogenannten „Tannenstumper“ zu organisieren, also einen Forstarbeiter, der auf einen benachbarten Baum klettern könnte.

Das ging natürlich nicht so kurzfristig, also fuhren wir erst mal nach Hause. Wenigstens konnte niemand die Box klauen. Auf dem Heimweg kam uns schliesslich die zündende Idee: Wir hatten doch noch etwas Helium übrig, wieso also nicht einfach ein paar Ballons damit füllen und damit einen Haken an einer Schnur hinauflassen?

Gesagt, getan. Zwei Tag später machten wir uns erneut auf ins Emmental, fest entschlossen, unsere Idee in die Tat umzusetzen. Wir konstruierten also ein improvisiertes Bergungssystem und liessen die Schnur langsam zur Box hinauf. Nach einigen Fehlversuchen klappte es schliesslich, und die Box schwebte am immer noch intakten Fallschirm sanft zu Boden. Überglücklich konnten wir endlich unsere Daten auswerten.

Ein Plot der gesammelten Messdaten:

Messdaten der Mission 2

Messdaten der Mission 2

Der Ablauf der Mission inklusive Bergung wurde in einem 11-minütigen Video festgehalten.

Der Flug kann nun auch virtuell in Google Earth nachverfolgt werden: Download KML